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Magnetisch abgeschirmt am PSI vom Rest der Welt

Am Paul Scherrer Institut PSI in Villigen haben Forschende gemeinsam mit der Firma VACUUMSCHMELZE einen Raum gebaut, dessen Hülle jeden magnetischen Einfluss von aussen um das Hunderttausendfache dämpft. Die innen 25 Kubikmeter grosse Kammer ist der weltweit beste Abschirmraum dieser Grösse. In ihr wird ein Experiment installiert, das zur Klärung einer fundamentalen Frage beitragen soll: Warum gibt es überhaupt Materie und damit auch uns selbst?

Georg Bison stemmt sich gegen einen langen Hebel und öffnet so die äusserste, tonnenschwere Tür zu einem einzigartigen Raum. In der Tür und den 30 Zentimeter dicken, weissen Wänden der Kammer stecken zwei Lagen einer Nickel-Eisen-Legierung. «Ein Magnetfeld fliesst lieber durch dieses hochmagnetisierbare Metall als durch Luft, deshalb eignet es sich so gut für eine magnetische Abschirmung», erklärt der Physiker und Spezialist für Magnetfeldmessungen. Zusätzlich dämpft eine Lage aus Aluminium zeitlich veränderliche Magnetfelder. Doch die rund fünf Meter hohen Wände sind nur die Hülle für eine zweite Kammer, die in einem Abstand von einem halben Meter den restlichen Raum füllt. «Der Zwischenraum ist gerade gross genug, sodass wir hier herumgehen und Geräte installieren können», erklärt Bison: «Zudem verbessert die Distanz zwischen den beiden Kammern den Abschirmeffekt.»

Die Wände der inneren Kammer dämpfen das äussere Magnetfeld zusätzlich. Sie enthalten nochmals vier besonders starke Schichten der Nickel-Eisen-Legierung. Mit etwas kleinerem Kraftaufwand als zuvor öffnet Bison zwei weitere, grosse Türen. Nun ist der Blick frei auf den inneren Raum. Die dunkel glänzenden Metallwände sind rund drei Meter breit und hoch. Man könnte meinen, in einen Banktresor zu schauen. Doch hier wird man dereinst keine Wertsachen einschliessen, sondern Neutronen, also Bestandteile von Atomkernen, untersuchen. Jedes äussere Magnetfeld stört diese Präzisionsmessungen, deshalb die aufwendige Konstruktion.

Immer umgeben von Magnetfeldern

«Magnetfelder gibt es immer und überall», sagt Klaus Kirch, Leiter des Labors für Teilchenphysik am PSI und Professor an der ETH Zürich. Nicht nur das Erdmagnetfeld ist ständig präsent. «Fast alles in unserer Umgebung erzeugt auf irgendeinem Niveau Magnetfelder», erklärt der Physiker, «sei es die Uhr am Handgelenk, ein Schraubenzieher oder die Armierungseisen in den Betonabschirmungen am PSI und der Hallenkran im Gebäude nebenan.» Selbst ein Lastwagen, der in zwei Kilometern Entfernung vorbeifährt, verursacht ein messbares magnetisches Signal. «Der magnetisch abgeschirmte Raum ist unsere grosse Verteidigung gegen die äusseren Einflüsse», sagt Kirch.

Aus einiger Distanz sieht man, dass der weisse, würfelförmige Abschirmraum von einer Holzkonstruktion umfasst wird. «Holz haben wir gewählt, weil es nicht magnetisch ist», erklärt Bison: «Denn der Holzwürfel ist Träger für ein grosses Spulensystem, mit dem man das Erdmagnetfeld und Feldstörungen von aussen ausgleichen will.» So können die Forschenden der magnetischen Abschirmung schon abgeschwächte Feldstörungen von aussen bieten. Weitere Umwelteinflüsse werden dadurch reduziert, dass eine Klimaanlage die Temperatur im Inneren der Abschirmung auf 0,1 Grad konstant hält. Grosse Granitpfeiler tragen den weissen Würfel. «Der Raum hat ein eigenes, schweres Fundament, um Vibrationen zu dämpfen», erklärt Bison.

Abschirmraum im PSI

Abschirmraum im PSI

Der Abschirmraum, in dem das Experiment n2EDM klären soll, ob das Neutron ein messbares elektrisches Dipolmoment besitzt oder nicht. Foto Markus Fischer. Bild ZVG PSI

Weltrekord aufgestellt

«Wir haben den weltweit besten Abschirmraum dieser Grösse aufgebaut», sagt Bernhard Lauss, Projektleiter des Experiments: «Wir schirmen das statische Magnetfeld von aussen um einen Faktor hunderttausend ab, und die Abschirmung steigt bereits bei sehr niedrigen Frequenzen auf über das Milliardenfache an. Kirch ergänzt: «Es gibt zwar Anordnungen mit einem noch höheren Abschirmfaktor, diese sind aber deutlich kleiner, zu klein, um unser Experiment durchzuführen. Unter den begehbaren Räumen haben wir mit Abstand das schwächste Magnetfeld, was irgendwo auf der Welt realisiert wurde.» Im Inneren der Kammer messen die Forschenden ein Restmagnetfeld von weniger als 150 Pikotesla (10-12 Tesla). Zum Vergleich: Das Erdmagnetfeld ist mit 30 bis 60 Mikrotesla (10-6 Tesla) um mehrere hunderttausendmal stärker.

In einem nächsten Schritt werden die Forschenden in der Kammer ein Experiment installieren, das nach einer bisher unentdeckten, physikalischen Grösse suchen soll, dem elektrischen Dipolmoment des Neutrons. Lauss erklärt: «Das Neutron ist zwar nach aussen ein elektrisch neutrales Teilchen, doch im Inneren könnte es eine Ladungstrennung geben.» Zerrt man eine positive und eine negative Ladung auseinander und gibt diesen Dipol in ein elektrisches Feld, so richtet er sich aus, so wie die Kompassnadel im Magnetfeld die Nord-Süd-Richtung anzeigt. «Das Experiment will feststellen, ob sich das Neutron in einem elektrischen Feld ein wenig dreht, also ob es ein solches Dipolmoment gibt oder nicht», erklärt der Physiker.

Warum ist die Antimaterie verschwunden?

Gemäss der gängigen Theorie der Elementarteilchenphysik würde das Neutron kein messbares elektrisches Dipolmoment aufweisen. Doch dieses sogenannte Standardmodell der Teilchenphysik kann wichtige Beobachtungen nicht erklären. «Wir glauben zu wissen, dass beim Urknall, bei dem das Universum entstanden ist, gleich viel Materie und Antimaterie produziert wurde», erklärt Kirch: «Doch heute sehen wir nichts mehr von dieser Antimaterie.» Warum ist die Antimaterie verschwunden und zumindest ein Teil der Materie, aus der auch wir selbst bestehen, übrig geblieben? Verschiedene Theorien liefern Antworten auf diese grundlegende Frage und sagen gleichzeitig voraus, dass das Neutron ein elektrisches Dipolmoment einer bestimmten Grösse haben muss. «Wenn wir in unserem Experiment ein solches Dipolmoment messen, erfahren wir, ob eine dieser Theorievorhersagen stimmt oder nicht», sagt Lauss.

Für ihr Experiment brauchen die Forschenden sogenannte ultrakalte Neutronen, die sich nur langsam bewegen und sich deshalb während einiger Minuten einschliessen und untersuchen lassen. «Am PSI haben wir die international stärkste Quelle gebaut, die möglichst viele solcher ultrakalten Neutronen für das Experiment erzeugt», erklärt Lauss. Um ein elektrisches Dipolmoment nachzuweisen, werden die Forschenden im magnetisch abgeschirmten Raum künstlich ein genau definiertes Magnetfeld erzeugen und die Reaktion der Neutronen messen. Die Neutronen besitzen ein magnetisches Dipolmoment, das sich im Magnetfeld mit einer bestimmten Frequenz dreht. Legt man nun ein zusätzliches elektrisches Feld an, wäre diese Drehung schneller oder langsamer, falls sie ein elektrisches Dipolmoment hätten.

Zehnmal genaueres Resultat

Bisher konnte kein solcher Effekt nachgewiesen werden, sämtliche Experimente lieferten ein Nullresultat. Die genaueste Messung machten die PSI-Forschenden und weitere Schweizer Institute mit einer internationalen Forschungskollaboration am PSI in einem Vorgängerexperiment, genannt nEDM (für Neutron und elektrisches Dipolmoment). Das neue Experiment namens n2EDM soll nun ein zehnmal genaueres Resultat liefern. Erneut sind 16 verschiedene Gruppen mit insgesamt 50 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen an Design, Aufbau und Durchführung des Vorhabens beteiligt. «Ohne diese Zusammenarbeit könnte man das Experiment nicht realisieren», betont Kirch. Der Abschirmraum wurde von der ETH Zürich, dem PSI und mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds finanziert.

Rund 2,4 Millionen Franken kostete das Unikat, das am PSI installiert wurde. 25 Tonnen der Nickel-Eisen-Legierung wurden dazu verbaut und 5 Kilometer Kabel verlegt. Bald soll der Behälter installiert werden, in dem die Neutronen in einem Vakuum dem künstlichen Magnetfeld sowie dem elektrischen Feld ausgesetzt werden. Mit seinem Durchmesser von zwei Metern passt dieser von französischen Partnern aus Caen gebaute Vakuumtank genau durch die grossen Türen des Abschirmraums. Viele weitere wichtige Beiträge kommen von den anderen Partnern. So steuerte beispielsweise die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Berlin viele wichtige Messungen der Baumaterialien der magnetischen Abschirmung bei, die garantieren, dass keine Teile mit magnetischen Verunreinigungen verwendet werden.

Trotz Verzögerungen wegen der Corona-Krise hoffen die Forschenden, dass das Experiment Ende 2021 fertig zusammengebaut sein wird und schon nach zwei Monaten in Betrieb erste Messresultate liefern wird. «Im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz in den USA, Kanada und Frankreich haben wir die Nase vorn», sagt Lauss.

Quelle: Paul Scherrer Institut / Barbara Vonarburg

25.1.2021

Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2100 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 400 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL.

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