Auch bei den Tieren im Zoo Basel gibt es «blinde Passagiere»
Ein Parasit auf Reisen: Der zwei bis vier Millimeter kleine Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) macht auch gerne Halt im Zolli. Gorillas und Javaneraffen sind besonders anfällig daran zu erkranken. Ebenfalls können alle anderen Primaten – auch wir Menschen – davon betroffen sein.
Zum Schutz der Javaneraffen impft der Zoo Basel seine Tiere seit 2016 regelmässig gegen den Fuchsbandwurm. Die Impfstudie soll Aufschluss darüber geben, ob und wie der Wirkstoff künftig verimpft werden könnte.
In Mitteleuropa ist der Fuchsbandwurm ein weit verbreiteter Erreger. Er wird durch den Verzehr von mit Fuchskot resp. Fuchsbandwurmeiern kontaminierten Nahrungsmitteln auf Menschen und Tiere übertragen. Im Zoo Basel sind besonders Gorillas und Javaneraffen anfällig, sich mit dem Fuchsbandwurm zu infizieren. Deswegen gilt es, sie bestmöglich zu schützen. Die Krankheit, welche die Infektion mit dem Fuchsbandwurm auslöst, äussert sich als tumorartige Wucherung in der Leber. Sie kann soweit fortschreiten, dass kaum noch normales Gewebe übrig ist. Im Endstadium führt sie häufig zu einer Bauchfellentzündung und schlussendlich zum Tod.
Massnahmen zum Schutz
Um die Zolli-Affen vor einer Infektion mit dem gefährlichen Fuchsbandwurm zu schützen, wird regionales Gemüse seit einigen Jahren in einem eigens zu diesem Zweck angeschafften Gastrosteamer wärmebehandelt. Salate oder andere Gemüse, die frisch verfüttert werden, dürfen nur aus dem Tessin oder aus südeuropäischen Ländern stammen, in denen der Fuchsbandwurm nicht vorkommt. Das widerspricht dem Nachhaltigkeitsgedanken des Zolli, regional einzukaufen. Andererseits ist die Logistik hinter dieser Massnahme enorm gross.
Um einen möglicherweise zusätzlichen Schutz aufzubauen, leistet das Tierärzte-Team des Zoo Basel deshalb seit 2016 Pionierarbeit und impft seine grosse Gruppe Javaneraffen regelmässig gegen den Fuchsbandwurm. Die Verträglichkeit und der zuverlässige Schutz der neuartigen Impfung wurde im Vorfeld der Impfstudie bereits bei Mäusen nachgewiesen. Ausserhalb des Zoo Basel wurde sie jedoch erst an wenigen Primaten getestet.
Im Dienst der Wissenschaft
Zu Beginn der Studie ging es darum, die Verträglichkeit der Impfung zu verifizieren und die praktische Anwendung zu testen. Um herauszufinden, ob die Impfung auch wirklich vor einer Infektion schützt, müssten in einem weiteren Schritt die geimpften sowie zusätzlich nicht geimpfte Tiere künstlich mit Fuchsbandwurmeiern infiziert werden. Dies wäre aber – insbesondere, da die Krankheit auch für Menschen gefährlich sein kann – ausschliesslich in einem Labor mit entsprechenden Sicherheitsstandards möglich.
In der Javaneraffen-Gruppe des Zolli kann beispielsweise untersucht werden, wie sicher der Impfstoff ist oder wie oft dieser verabreicht werden muss, um einen stabilen Antikörpertiter zu erreichen. Dass die Affengruppe Tiere jeden Alters und Geschlechts beinhaltet, ist ein wichtiger Pluspunkt. Gerade, was die Anwendung der Impfung in anderen zoologischen Institutionen und bei anderen Affenarten anbelangt. Und in Zukunft vielleicht sogar beim Menschen.
Bewilligungspflichtiger Tierversuch
Wie jede wissenschaftliche Arbeit, die den Alltag der Zolli-Tiere in irgendeiner Weise verändert, musste für die Impfstudie bei den Javaneraffen eine Tierversuchsbewilligung beim kantonalen Veterinäramt eingeholt werden. Die erste Studie, die von 2016 bis 2018 dauerte, wurde als Tierversuch mit leichter Belastung für die Tiere eingestuft (Schweregrad 1 von 3). Dies, weil es sich um eine Impfung mit einem weitgehend ungetesteten Impfstoff handelte und mehrere Fangaktionen, Narkosen sowie Blutentnahmen nötig waren, um die Gesundheitskontrollen durchzuführen.
Die guten Resultate führten dazu, dass die zweite Studie seit 2019 mit Schweregrad 0 (keine Belastung) beurteilt wird. Die Impfung ist mittlerweile etabliert und gilt als therapeutische Massnahme. Lediglich die Entnahme von Blutproben zur Messung der Antikörpertiter wird heute als wissenschaftlicher Aspekt beurteilt, was die Studie nach wie vor bewilligungspflichtig macht. Das stellt für den Zoo Basel aber kein Hindernis dar, da die Zoo-Tierärztin als Tierversuchsleiterin ausgebildet und anerkannt ist.
Die Javaneraffen - auch Langschwanzmakaken genannt - haben im Sautergarten auf dem ehemaligen Tahrfelsen ein neues Zuhause bekommen. Die reichhaltig gegliederte Anlage bietet der stadtbekannten Affenhorde vielfältige Klettermöglichkeiten und vom hohen Felsen luftige Ausblicke. Im Inneren des Felsens sind die beheizten Innengehege untergebracht. Ein Bächlein mit einem Teich lädt wohl nicht nur im Sommer zu ausgelassenen Wasserspielen ein.
Javaneraffen lieben das Wasser und können gut schwimmen und tauchen. Diese Vorliebe kommt nicht von ungefähr. Javaneraffen kommen von den südostasiatischen Inseln. Die anpassungsfähigen Affen leben vom Meeresstrand bis ins Gebirge. Dort ernähren sie sich von den Früchten, Samen und Kleintieren, die ihnen die Wald- und Buschlandschaft bietet, aber auch vom reichen Angebot an den Küsten. Krabben, Schnecken, Muscheln und Fische stehen auf ihrem Speisezettel – alles Tiere, die nur erwischt, wer schwimmen und tauchen kann. Dieses Verhalten hat den Javaneraffen den englischen Namen: crab-eating macaque (Krabben-fressender Makak) eingebracht.
Quelle: Zoo Basel
Bilder ZVG: Zoo Basel
18.6.2022
Steckbrief Javaneraffe
Namen |
Javaneraffe, Macaca fascicularis |
Verwandtschaft |
Herrentiere Primaten, Meerkatzenartige Cercopithecinae, |
Verbreitungsgebiet |
Südostasiatische Inselwelt |
Lebensraum |
Regenwälder, in Gewässernähe |
Ernährung |
Pflanzen, Früchte, Insekten, tauchen nach Muscheln und Krebsen |
Gewicht |
Männchen 5 - 9 kg, Weibchen 3 - 6 kg |
Tragzeit |
164 - 180 Tage |
Anzahl der Jungen |
1 Junges |
Lebenserwartung |
20 Jahre, in Menschenobhut 38 Jahre |
Feinde |
Nebelparder, Leopard, Python |